Kommentar veröffentlicht auf taz.deCoworking statt HomeofficeArbeiten nach der Pandemie
20. Oktober 2020
Foto: Kimberly Farmer @ unsplash
Das Teilen gemeinsamer Arbeitsräume kombiniert die Vorteile von Büro und Homeoffice. Arbeitsschutz und Vereinbarkeit bleiben gewährleistet.
Der Kommentar von unserem Verbundsprecher Prof. Dr. Wenzel Matiaske ist im Oktober 2020 auf der Webseite der taz erschienen.
Abstract:
Vor der Coronakrise wünschten sich rund 40 Prozent der ArbeitnehmerInnen, zumindest zeitweise von zu Hause aus arbeiten zu können. Realisieren konnten dies jedoch nur rund 10 Prozent. Mit der Krise wurde das Homeoffice plötzlich zum Normalfall. Das Sozialexperiment mit den in aller Eile improvisierten Heimarbeitsplätzen zeigt, dass vor der Krise Potenzial zur Dezentralisierung von Arbeit ungenutzt blieb. Viele Arbeitgeber, insbesondere Dienstleister, Banken und Versicherungen, wollen die gewonnene Erfahrung nutzen, um ihre Arbeitsorganisation anzupassen und stärker ortsflexible Formen der Arbeit zu etablieren. Auch die Mehrheit der Beschäftigten, die Homeoffice aufgrund ihrer Tätigkeit grundsätzlich für möglich halten, wünscht sich nach der Coronakrise mehr Homeoffice als zuvor. Allerdings sind die bisherigen Erfahrungen mit Homeoffice zwiespältig.
Aktuelle Befragungen zeigen, dass Menschen in Ermangelung einer räumlichen Trennung zwischen Arbeit und Freizeit schlechter abschalten können. Darüber hinaus gilt soziale Isolation schon in früheren Untersuchungen als problematische Begleiterscheinung der Teleheimarbeit. Die Dichotomie zwischen Büroarbeit und Homeoffice, auf welche die Coronakrise das Erleben verengt, sollte das Denken in Alternativen nicht beschränken.
Als sich in den 1980er Jahren der PC mit Großrechnern verband, erprobten Praxis und Wissenschaft Zwischenformen der Arbeitsorganisation. Das Satellitenbüro eines Arbeitgebers sollte hohe Raummieten im Zentrum durch geringere in der Peripherie ersetzen und Pendelzeiten aus dem Umland verkürzen. Im Nachbarschaftsbüro teilten sich ArbeitnehmerInnen verschiedener, typischerweise kleinerer Arbeitgeber oder auch Selbstständige den Büroraum.
Die Diskussion verengte sich auf Fragen der Vereinbarkeit und der Zeitsouveränität. Ökologische Aspekte und der Gedanke gemeinschaftlicher Nutzung von Ressourcen traten in den Hintergrund. Erst im neuen Jahrtausend wird dann in Debatten um die „creative class“, die „digital nomads“ oder – hierzulande – die „digitale Boheme“ das Nachbarschaftsbüro als Coworking Space erneut propagiert.
Link zum vollständigen Artikel: https://taz.de/Arbeiten-nach-der-Pandemie/!5720043/